Das vergessene Kapitel – Über den ersten
Herrscher
Ehre den Elementen, denn ich fürchte mich. Ich fürchte vor den
Bildern, die mir die Vier Einigen in meinen Träumen zu sehen gaben
und mir erklärten, dies ist wahr und geschehen. Ich sollte den Leute
davon berichten und sie vor der Unterdrückung anderer und dem
Ausnutzen des freien Willens, doch so? Meine Feder zittert schon,
wenn ich an den Namen denke, jenem vor den gewarnt werden soll,
jener der alles in Ketten sehen will: Fascatan, der erste Herrscher.
Es begab sich, dass die Elemente, Agnim, Jalam, Marut und Mahi den
Erdball schufen und ihn formten und wandelten. Sie schufen
Meere und Land, Wälder und Wüsten, die Welt war bunt und schön.
Doch sie wollten Leben auf der Welt und so schufen sie es. Fische
hausten im Meere, Vögel bereisten den Himmel und Tiere
durchstreiften die Wälder. Sie alle lebten auf dem Geschenk der
Elemente, welches die Welt war.
Doch sie waren nicht zufrieden mit der Schöpfung, denn sie handelten
aus Trieben, ohne Sinn und Verstand. Die Elemente schufen abermals
ein Wesen, doch es sollte die höchsten Güter haben.
Es sollte unsterblich sein, wie seine Schöpfer.
Es sollte mächtig sein, wie die Elemente.
Und es bekam den freien Willen, das höchste Gut in allen Welten.
Er wurde Fascatan genannt, was „der Verbundene“ bedeutet. Er war
die Vollendung des freien Willens und der Freiheit, denn er hatte die
Macht alles zu tun und zu formen, was und wie er es wollte. Selbst
seine Gestalt konnte er nach seinem Belieben verändern. Zudem war
er unsterblich, jedoch bemächtigt, sich selbst enden zu lassen.
Nach seinem Vorbild erschufen die Vier weitere Wesen, alle mächtig,
alle unsterblich und alle frei in ihrem Willen. Und so lebte die erste
freie Schöpfung auf der Welt und jeder folgte seinem Willen.
Doch es war der Erste unter ihnen, Fascatan, der sich nach mehr
sehnte. Er empfand die Freiheit als nicht komplett, unvollkommen und
trügerisch. Er hasste es, dass sein Wille trotz seiner Gaben abhängig
von seiner Mitschöpfung war. Er dachte über seine und die Freiheit der
anderen nach. Und er erkannte, dass er nie einen vollends freien
Willen haben könne, solange es anderes freies Leben gäbe.
Und so erhob sich Fascatan und versklavte die Geister seiner
Artgenossen. All jene die nun seinem Willen sich beugen mussten,
kennzeichnete er mit einer schwarzen dreigliedrigen Kette auf der
Stirn. Viele flohen vor seiner neu errungenen Macht, manche
bekämpften ihn, doch jeder wurde von ihm versklavt und misshandelt.
Und da sie alle unsterblich waren, schien seine Herrschaft unendlich.
Doch Fascatan war maßlos und hungrig. Denn er glaubte, solange er
nur ein Kind der Elemente war, würde er nie frei werden. Und so
stieg er hinauf, zu den goldenen Hallen um der Herr über die
Elemente zu werden.
Und die vier großen Energien formten Augen und sahen, was aus
ihrer Schöpfung geworden war:
Fascatan besaß drei Köpfe, wovon der linke und rechte Kopf
zugenähte Augen und Münder hatten. Der Mittlere hatte aufgerissene
gelbe Augen, die gierig zu ihnen hochstarrten. Aus seinem Maul floss
grüner Geifer und aus seinem Schädel wuchs eine Krone, jedoch
weiterhin von seiner Haut überzogen. Um seinen aschfahlen
ausgemergelten Körper schlangen sich schwarze Ketten, an denen
seine willenlosen Sklaven hangen.
So stand er vor den Elementen und forderte die Herrschaft über alles,
denn das sei sein Wille und dieser sei frei.
Und die Vier sagten einig: „Du sprichst vom freien Willen, und doch
bist du der Inbegriff der Unfreiheit. Denn Freiheit hat keinen Wert,
wenn er durch Selbstsucht und Gier korrumpiert ist. Du bist unser
erstes Kind, und dein freier Wille soll nicht gebrochen werden, doch
sollst du für deine Frevel bestraft werden. Wir verbannen dich in das
Reich inmitten der Welt, und sein einziger Bewohner sollst du sein.
Und dort kannst du herrschen, über dich und nur dich allein, in aller
Ewigkeit. Vier Schlösser sollen dein Reich verschließen, und wir
werden sie verstecken. Vier Schlüssel sollen dein Reich öffnen, und wir
werden sie verstecken. Und sollte die neue Schöpfung, denn diese
werden wir kreieren, dem freien Willen überdrüssig sein, so sollen sie
die Vier Schlüssel und die Vier Schlösser finden und öffnen, auf dass
du über die Schöpfung herrschen magst. So bestimmen wir, denn das
ist der freie Wille.
Und sie öffneten die Welt und schleuderten Fascatan, den Verderber,
in die Tiefe. Und sie verschlossen sein Reich, auf dass er nie aus
eigener Kraft aus seinem Reich heraustreten mag.
Als dies getan war, begriffen die Elemente, dass ihre Schöpfung nicht
perfekt war, wie sie erdacht war. Und so erschufen sie die neue
Schöpfung.
Es sollte sterblich sein, jedoch unendlich in der Sterblichkeit. Denn sie
sollten solange wiederkehren, bis sie wahrhaftig den freien Willen in
sich trugen.
Es sollte wenig Macht besitzen, doch frei sie zu erringen. Denn nur
die, die mit Macht umzugehen wissen, sollten welche erlangen.
Doch sie bekamen wieder das höchste Gut aller Welten: den freien
Willen.
Somit war die neue Schöpfung getan, die Sterblichen, zu denen sowohl
ich gehöre, als auch du werter Leser. Die erste Schöpfung sollte über
die neue wachen. Dies taten sie mal gut, mal schlecht, denn ihr Wille
war wieder frei und mit ihr kam die Willkür. Und jene unsterblichen
Wesen sind uns heute als Götter und Dämonen bekannt.
Dies war die Geschichte von Fascatan, der immer noch in der Mitte
der Welt haust und auf seine Herrschaft wartet. Und daher lieber
Leser, sei gewarnt vor der Verführung von Macht und trügerischer
Freiheit, denn sie machen uns nicht den Elementen würdig. Ich hoffe,
du verstehst meine Furcht, denn das was hier steht, ist nicht nur eine
Geschichte von Anfang der Welten, eine Lehre des freien Willens,
sondern auch die Geschichte all unseres Verderbens. Finde nie die
Schlüssel! Öffne nie die Schlösser! Denn niemand weiß, was aus dem ersten
Herrscher über all die Jahrtausende geworden ist.
Ehre die Elemente und den freien Willen!
Verachte Fascatan und die Unterdrückung.